Amanda Palmer: The Art of Asking
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- Veröffentlicht: Sonntag, 12. Mai 2019 16:32
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Durch einige Tipps im Netz bin ich darauf gestossen: Die Autobiographie von Amanda Palmer.
Amanda Palmer ist bei mir bis vor einiger Zeit kein Name gewesen, mit dem ich etwas anfangen konnte. Den Begriff "Dresden Dolls" hatte ich mal gehört, aber nicht mit irgendwas assoziiert.
Ich fand neulich heraus, dass sie wohl eine Musikerin ist, die Neil Gaiman geheiratet hat. Das letztere Detail ist sicherlich nicht unwichtig - aber Amanda Palmer darauf zu reduzieren wäre nun höchst unfair und falsch.
Was die Frau gemacht und erlebt hat, ist so einiges - sie stand als "The Bride", eine "lebenden Statue" , auf der Straße. Danach baute sie sich Zug um Zug unter heftiger Ausnutzung von sozialen Medien (vor allem Twitter) eine Fanbase als Musikerin auf, die sie dann zusammen mit Brian Viaglione erst als Dresden Dolls, dann später auch mit Soloalben bespielte (und das bis heute tut).
Wichtig ist ihr dabei immer die Nähe zu den Fans. Und, das ist (wohl auch dem Titel des Buches nach) eines der Wichtigsten Dinge überhaupt: Sie hat immer gefragt, ob sie etwas bekommen kann. Ein Tampon, eine Couch zum Übernachten - oder natürlich auch nach Geld (oder anderen netten Dingen), schon als "lebende Statue". Die meisten Leute, die an solchen Statuen vorbeilaufen, geben denen nichts. Aber einige tun das, und sie konnte als "The Bride" mit einem quasi festen Einkommen rechnen. Das natürlich wetterabhängig war, keine Frage.
Palmer stellt neben der Geschichte ihrer Karriere in allem Möglichem, was sich "Kunst" nennen darf, einigen Hochs und Tiefs vor allem diesen Aspekt dar: Bau eine Beziehung zu deinen Fans auf, sei authentisch, und dann bitte sie ruhig darum, dass sie dein neues Album kaufen, dass sie deine Konzerte besuchen, dass sie deinen Merch bezahlen. Ein nicht unerheblicher Teil der Fans kam z.B. zu Konzerten und wollte ihr einfach 10 Dollar in die Hand drücken, mit der Begründung, sie hätten das Album von einem Freund kopiert und würden das gerne "legalisieren".
Diese Denkweise ist es, die Palmer hier vorlebt: Sie konnte es sich erlauben, auf die traditionellen Medien zu verzichten. "We are the media" steht am Ende eines Kapitels, und das ist es, was das Buch durchzieht. Sie musste mit allen Mitteln versuchen, aus ihrem Plattenvertrag rauszukommen, weil die Plattenfirma sie und ihre Kunst nicht verstand.
Und dennoch hat sie es verstanden, mit ihren Fans einen Kickstarter über die Grenze von einer Million Dollar zu pushen - was es vorher im Musikbuisness noch nicht gegeben hatte.
Ein wenig gewöhnungsbedürftig ist der Aufbau des Buches: Sie erzählt parallel die Geschichte ihres Lebens und streut zwischendurch Szenen mit Neil Gaiman ein. Die passen nicht zu den Zeitpunkten. Man hat also einen (aber sehr leichten) Pulp Fiction-Effekt, weil sie öfter zwischen den Zeiten hin- und herspringt. Das ist aber sehr passend zum Kontext.
Zuerst aufgefallen ist mir der Name als eine derer, die das Vorwort zu Cory Doctorows "Information doesn't want to be free" geschrieben hat. Damals dachte ich noch, das hinge damit zusammen, dass Neil Gaiman ebenfalls ein Vorwort dazu geschrieben hat. Ich weiss nun: Ich lag falsch. Völlig.
tl;dr: Absolut lesenswert für alle, die sehen wollen, wie man soziale Netzwerke nutzen kann, um sich eine Fanbase aufzubauen und dennoch den Kontakt in Persona nicht verliert. Ein faszinierendes Buch von und über eine faszinierende Frau.