Die Typen des Schlamms

In diesen Tagen erlaubte mir die jährliche Wiederholung des Wacken Open Airs, einmal einige grundlegende Betrachtungen von Schlamm (oder Matsch) zu tätigen. Ich untersuchte also mit verschiedenen Körperteilen (meistens den Füßen sowie den daranhängenden Beinen) den Schlamm und kam zu dem Ergebnis, dass Schlamm nicht gleich Schlamm ist.

 Ich habe darum den Schlamm hier in sechs grundlegende Typen eingeteilt. Diese sind gleichzeitig eine evolutionäre Reihenfolge, in der Schlamm entsteht, gedeiht und wieder verschwindet. Dabei ist zu bedenken, dass Typ 0 eigentlich noch kein Schlamm ist, Typ 5 eigentlich kein Schlamm mehr. Beide sind aber für die Schlammentstehung bzw. Schlammevolution sehr wichtig und werden darum auch darum eingeführt.

Typ 0: Wasser auf Wiese

Wasser fließt auf eine Wiese. In der Regel geschieht dies durch Niederschlag (in Wacken also meist Regen), allerdings kann dies auch auf künstliche Weise geschehen (in Wacken zum Beispiel in der Nähe der Toiletten bzw. Wasserausgabeanlagen, wenn Dinge überlaufen. Ob das im Zweifel „nur“ Wasser ist, ist für die Schlammbildung unerheblich, zugegebenermaßen nicht unbedingt für den Ekelfaktor.)

Wenn nun niemand (oder höchstens wenige Leute) über diese Wiese läuft, geht der Schlammentstehungsprozeß nicht weiter. Das Wasser läuft ab oder vertrocknet, und nachher ist weiterhin eine Wiese da.

Trampeln aber nun größere Mengen über die Wiese, setzt sich der Prozess in die nächste Phase fort.

Gefahren:

  • Bei zu niedrig angelehntem Schuhwerk nasse Füße.
  • Eher geringe, aber vorhandene Gefahr, auf dem nassen Gras auszurutschen.
  • Bespritzen von sich selbst und Umstehenden, was meist aber nicht so katastrophal endet, da es ja nur Wasser ist.

Fortbewegung:

  • Noch eher problemlos und nicht sehr eingeschränkt, hautpsächlich nass.

Typ 1: Aufgewühlter Schlamm – See

Trampeln nun genug Leute auf dem Schlamm herum, durchsetzt sich das Wasser mit Erde und wird zum ersten Schlammtyp, dem aufgewühlten Schlamm. Dieser sieht oft aus wie ein Schlammsee. Meist ist darunter noch trockener Boden. Die Höhe des Sees ist unterschiedlich und kann von wenigen Millimetern bis zu einer nahezu unbegrenzten Höhe reichen, in der Praxis sind Seen, in denen man nicht mehr stehen kann, in Wacken aber eher selten.

Man erkennt diesen Typ Schlamm an der recht glatten Oberfläche, die an einen dunklen See erinnert. Dies ist kein Zufall, denn dieser dunkle See beherbergt ungeahnte Gefahren, die einem leicht zum Verhängnis werden können.

Gefahren:

  • Vesinken im Schlamm
  • Ausgleiten auf der darunterliegenden Schicht noch nicht aufgewühlter Erde
  • Bespritzen von sich selbst und Umstehenden, was zu größeren Eskalationen führen kann.

Fortbewegung:

  • Ein wenig mühsam
See
Typischer See (Typ 1), am Rand Glitsch (Typ 2)
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Typ 2 – Glitsch

Wenn der Schlamm ein wenig abtrocknet, aber noch immer sehr nass ist, wird er zum Glitsch. In dieser Konsistenz ist noch ein wenig vom See da, darunter hat sich eine schmierige Schicht gebildet, auf der man sehr leicht ausgleitet – daher auch der Name.

Der Glitsch ist ekelig. Es handelt sich um eine richtig üble Masse, die einen dazu einlädt, hinzufallen, wenn man keine guten Sohlen hat.

Das Gemeine am Glitsch ist, dass der Übergang zur nächsten Stufe fließend ist (wie natürlich überall) und man sich auf diese Konsistenz auch nicht verlassen kann.

Gefahren:

  • Ausgleiten im Schlamm
  • Ein wenig geringere Gefahr des Spritzens als beim See.

Fortbewegung:

  • An sich nicht so richtig langsam, aber oft doch eingeschränkt, da die Ausgleitgefahr groß ist.
Schmock (Typ 3), unten Links noch Glitsch (Typ 2)
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Typ 3 – Schmock

Hat der Schlamm dann noch mehr Feuchtigkeit verloren, wird er zum Schmock. Der Schmock ist vielen Schlammwatern der Widerlichste. Es ist jene Konsistenz, bei der der Schlamm einem Darüberlaufenden die Schuhe auszieht.

Der Laufende bleibt im Schmock stecken. Schlamm vom Typ 3 neigt dazu, Schuhe einsinken zu lassen und diese dann nur gegen Lösegeld – massive Arbeit mit den Beinen – wieder freizulassen. Einige Leute haben aus Verzweiflung gegenüber dem Schmock auf ihre Schuhe zugunsten ihrer Freiheit verzichtet.

Schmock kann auch ordentliches Schuhwerk komplett zerstören. Ordentlicher Schmock, insbesondere Π-naher Schmock, zu dem wir gleich noch kommen, kann Sohlen von Schuhen lösen und Leute um Hilfe rufen lassen.

Spezialfall: Typ Π-Schlamm: Superschmock

Schmock im Π-Bereich
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Zwischen der Zahl 3 und 4 liegt irgendwo die Zahl Π (3,141592...) – und wenn der Schlamm genau in dieser Konsistenz liegt, dann ist er, so wird gemunkelt, in der Lage, Leute in den Erdkern zu ziehen. Die Gravitation sorgt dann nicht mehr für ein Einsinken von ein paar Metern, sondern für ein tiefes Verschwinden der Person.

Wir haben auf dem diesjährigen Wacken Open Air kein solches Phänomen beobachtet. Normalerweise wird nicht genau der Π-Zeitpunkt des Abtrocknens des Schlammes getroffen. Aber wenn doch, dann Gnade alles, woran jemand glauben kann, dem ahnungslosen Schlammopfer.

Gefahren:

  • Steckenbleiben im Schlamm, dadurch Hinfallen
  • Verlust von Teilen und ganzen Schuhen und Stiefeln, ebenso dessen komplette Zerstörung

Fortbewegung:

  • Langsam
  • Drastisch erhöhter Kraftaufwand

Typ 4: Trampeltret-Schlamm

Hat der Schmock sich dann so weit abgetrocknet, dass er die Leute nicht mehr festhält, wird er zur harmlosesten letzten echten Schlamm-Kategorie: Dem Trampeltret-Schlamm.

Dieser hat eher eine Konsistenz von etwas nasser Erde (ist er ja auch) und kann beim Darüberlaufen mit Füßen geformt werden. Man rutscht in der Regel nicht mehr aus und bleibt auch nicht mehr stecken.

Gefahren:

  • Stolpern über ertrampelte Berge

Fortbewegung:

  • Nur noch ein wenig mühsam, nicht mehr sehr erschwert.
Typischer Tramepltret-Schlamm (Typ 4). Oben links sieht man schon gut zusammengetrampelte Bereiche, die bald Typ 5 werden.
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Typ 5: Festgetrampelter Schlamm

Dies ist eigentlich kein Schlamm mehr: Wenn der Schlamm festgetrampelt wurde und womöglich noch ein weng trocknet, wird er zu einer gut begehbaren Oberfläche. Manchmal tritt hier auch der Effekt auf, dass eine nasse Schicht unter der oberen trockenen Schicht noch gut federt („Tartan-Effekt“). Wann genau dies Auftritt, wird zu untersuchen sein.

Gefahren:

  • Eigentlich keine mehr, außer man stolpert über seine eigenen Beine

Fortbewegung:

  • perfekt

Schlusswort

Alle Übergänge sind natürlich fließend. Interessant ist der Beobachtung nach, dass Schlamm zwischen Typ 2 und 3 einen recht harten Übergang hinlegt – es gibt kaum einen Moment, in dem man ausglitscht UND steckenbleibt. Dennoch sind auch hier Zwischenstufen vorhanden, in denen der Schlamm tatsächlich sogar ein wenig harmloser ist.