Tad Williams: Das Geheimnis der großen Schwerter

Wieder einmal habe ich einen Zyklus durch. Und diesmal habe ich ihn nicht gelesen, sondern als (ungekürztes) Hörbuch gehört

Und da fange ich direkt mal an: Andreas Fröhlich ist ein absoluter Meister am Mikrofon. Ich halte ihn für den größten deutschen Sprecher, den ich bisher genießen durfte. Ich kannte ihn bisher nur als Bob Andrews von den drei Fragezeichen - das merkt man aber, wenn er Tad Williams liest, nur rudimentär. Was mir auch erst Wikipedia klargemacht hat: Er spricht auch Smeagol/Gollum in der Herr der Ringe- und Hobbit-Verfilmung (also in der deutschen Version) sowie Ultron in Avengers 2. Wusste ich gar nicht. Aber man lernt dazu.

Die Bücher sind also absolut weltklasse gelesen (auf deutsch). Daran gibt es gar nichts zu meckern, im Gegenteil, Fröhlichs Stimme verzeiht einiges anderes.

Gehen wir weiter zur Übersetzung: Da kenne ich das Original nicht. Schlimme Stolperstellen sind mir aber nicht aufgefallen, so dass ich über die Übersetzung auch nicht mosern kann. Verena C. Harksen scheint da einen guten Job gemacht zu haben. Ich sage es mal so: Eine Übersetzung, die nicht auffällt, ist sicher eine gute Übersetzung, und ich habe keine Auffälligkeiten bemerkt. (Mal mein Lieblingsnegativbeispiel aus einem übersetzten Star Trek-TOS-Roman: "Korvettenkapitän McCoy". Ja, das mag der entsprechende Rang sein, aber Ränge werden bei Star Trek nicht übersetzt. Ende.)

Dann die Geschichte: Zunächst zum Gesamturteil: Die Geschichte lohnt sich. Ich hatte sehr viel Spaß, und das ist die Hauptsache. Kritikpunkte habe ich auch: Erst einmal habe ich nun wahrlich nichts gegen epische Fantasy und auch längere Beschreibungen, aber ich denke, dass man diese Geschichte locker um 20-30% hätte eindampfen können, ohne dass sie wesentlich darunter gelitten hätte. Sie wäre dann dichter. Aber gut, das ist natürlich auch Geschmackssache - ich schreibe eben selbst, obschon ich auch epische Fantasy schreibe (oder eher: High Fantasy oder ... ach, lassen wir das) eher schneller. Ich hab mir einige Male gedacht "Jetzt könnte er langsam mal zum Punkt kommen".

Dazu kommt eine anfangs recht gewöhnungsbedürftige Sprache: Williams nutzt Vergleiche wie andere Leute die Luft zum Atmen. Der Weg, der sich an den Wald anschmiegt wie ein Neugeborenes an seine Mutter - nein. Das hätte ich so nicht geschrieben. Ich habe nichts gegen Vergleiche, aber Williams benutzt mir ein paar zuviel.

Die Story ist an ein paar Stellen (zumindest für mich) auch leicht vorhersehbar, aber zugegeben, der erste Band erschien 1988. Da war einiges von dem, was heute aktuell ist, noch nicht geschrieben. Das kann man also nicht alles dem Autor vorwerfen.

Sonst ist die Geschichte aber mitreißend. Sie bildet auch ein wenig die klassische Heldenreise ab - Simon lebt im Schloss, muss da weg und später die Welt retten. Jede Menge hochinteressante Figuren und eine (mir ein klein wenig zu zickig gezeichnete) weibliche Protagonistin runden das Bild ab. Ansonsten gibt es noch Trolle (die anders sind, als man die sonst kennt), Sithi (die man anderswo schlicht Elfen nennen würde), "Rimmersmänner", die recht thorwalsch/wikingerhaft daherkommen, aber nicht mehr zur See fahren, Sumpfleute ... nun ja, jede Menge Völker, und ich will auch nicht zuviel verraten.

Die Reihe lohnt sich, das steht für mich außer Frage, und ich bereue auch nicht, die (nicht ganz billige) Audible-Version gekauft zu haben (schon alleine wegen Andreas Fröhlich). Wer also Unterhaltung beim Autofahren braucht: Diese taugt.